Zur Einführung des Selbstbestimmungsgsgesetzes wurden drei Umfragen verbreitet mit gegensätzlichen Ergebnissen. In den USA wurde zur Wahl ein Kopf-an-Kopf-Rennen vorhergesagt, es kam anders. Und Ende 2024 befinden wir uns in Deutschland im Wahlkampf. Mit Umfragen und Zahlen wird nicht nur Meinung erforscht, sondern auch Politik gemacht. Mein Blogartikel zeigt dir, wie du Umfragen und Statisiken kritisch hinterfragen kannst (Update vom 15. November 2024).
Was können Umfragen messen und was nicht?
Umfragen messen Stimmungen. Stimmungen ändern sich mit den Ereignissen und der aktuellen Stimmung zum Zeitpunkt der Befragung. Und: Umfragen beruhen auf einer Selbsteinschätzung. Wer tiefliegende Einstellungen messen möchte oder Fakten und Ereignisse, muss andere Methoden anwenden.
Nehmen wir als Beispiel eine der bekanntesten Umfrage-Fragen überhaupt: Wen würden Sie wählen, wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre? Die Antworten auf diese Fragen schwanken von Woche zu Woche. Je nach aktuellen Ereignissen und der dazugehörigen Berichterstattung haben Parteien plötzlich viel mehr Zustimmung oder deutliche Einbrüche.
Dann gibt es in der Sozialforschung noch das Phänomen der sozialen Erwünschtheit. Leute antworten also nicht nur, was sie ehrlich denken, sondern mitunter auch das, was sie glauben, das ihnen nicht schadet. In Bezug auf die Sonntagsfrage kann das bedeuten, dass die Zustimmung zu manchen Parteien seltener geäußert wird als zu anderen, weil Misstrauen eine ehrliche Antwort verhindert.
Und egal, welche politische Präferenz eine Person angibt: Ob sie zur Wahl geht und bei welcher Partei sie ihr Kreuz macht, ist nochmal was ganz anderes.
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Letztlich treffen solche Umfragen also Aussagen über die Selbsteinschätzung der Befragten zum Zeitpunkt der Befragung. Nicht mehr. Nicht weniger. Mit gewissen Fehlwerten und Verzerrungen. In einer seriösen Umfrage sind solche Fehlertoleranzen auch angegeben. Ebenso die Methode der Erhebung.
Welche Umfragen sind repräsentativ?
Der Begriff „repräsentativ“ wird oft verwendet, um glaubwürdig zu klingen und auf die Gesamtbevölkerung hochzurechnen. Repräsentativ ist jedoch keine wissenschaftlich definierte Kategorie. Die wissenschaftlichen Qualitätsbegriffe (Gütekriterien) einer Umfrage heißen: objektiv, reliabel und valide. Was bedeuten sie?
- Objektiv ist eine Frage, wenn sie neutral formuliert ist und nicht die Antwort in eine bestimmte Richtung lenkt oder andere ungewollten Einflüsse wirken.
- Reliabel bedeutet, dass die Befragung bei wiederholter Durchführung die Ergebnisse reproduzieren kann (zuverlässig).
- Valide bedeutet, dass die Frage das misst, was sie zu messen beabsichtigt (glaubwürdig).
Der Begriff der Repräsentativität erfüllt also eher eine Marketingfunktion, um eine Umfrage seriös wirken zu lassen. Schauen wir uns drei aktuelle Umfragen zum Selbstbestimmungsgesetz näher an.
Umfragen zum Selbstbestimmungsgesetz liefern widersprüchliche Ergebnisse
Zum Start des Selbstbestimmungsgesetzes am 1. November 2024 waren drei Umfragen im medialen Umlauf, eine vom Meinungsforschungsinstitut YouGov und zwei von Medien, die jeweils mit dem relativ jungen Player für Online-Umfragen Civey gearbeitet haben. Die Ergebnisse unterscheiden sich erheblich: Bei YouGov sprechen sich 47 Prozent der Befragten für das Selbstbestimmungsgesetz aus. Bei der Umfrage von Welt TV lehnen 69 Prozent das SBGG ab. Bei t-online liegt die Ablehnung sogar bei 87,5 Prozent. Wie kann das sein?
Schauen wir uns diese Umfragen genauer an
Sind die Fragen objektiv gestellt?
Betrachten wir zunächst die Fragen von YouGov, t-online und Welt TV:
- YouGov: „Das Selbstbestimmungsgesetz soll den Prozess erleichtern, wenn trans-, intergeschlechtliche und nichtbinäre Personen ihren Geschlechtseintrag im Personenstandsregister und ihren Vornamen ändern lassen wollen. Nach allem, was Sie darüber wissen, befürworten Sie das Selbstbestimmungsgsetz oder lehnen Sie es ab?“
- T-Online: „Wie stehen Sie zum neuen Selbstbestimmungsgesetz, das die Änderung des Geschlechtseintrags erleichtert?“
- Welt TV: „Wie bewerten Sie das neue Selbstbestimmungsgesetz, das es ab dem 1. 11. 2024 ermöglicht, mittels einer Erklärung beim Standesamt, Namen und Geschlechtseintrag ändern zu lassen?“
Der Verweis in der Frage bei YouGov, dass das SBGG betroffenen Menschen etwas erleichtern soll, hat Probleme mit dem Gütekriterium „Objektivität“. Durch diesen Fokus, Menschen helfen zu wollen, lenkt die Frage die Antwort in Richtung Zustimmung. Wer möchte schon anderen Menschen das Leben schwer machen? Ganz ähnlich war das übrigens bei der Welt-Umfrage mit infratest dimap 2021 zum Gendern, bei der die Fragen in Richtung Ablehnung lenkten.
Bei den Fragen von T-Online und Welt TV in Bezug auf Zustimmung oder Ablehnung zum SBGG kann ich keine groben Fehler erkennen. Eine wissenschaftlich fundierte Berwertung müsste freilich tiefer forschen. Aber oberflächlich betrachtet finde ich sie recht neutral. Bei T-Online kommt zwar auch das Verb „erleichtern“ vor, es bezieht sich aber nicht auf Menschen, sondern auf einen Verwaltungsakt und wirkt daher weniger emotionalisierend.
Methoden: Wer wird da eigentlich befragt?
Die klassischen Meinungsforschungsinstitute wie Allensbach, infratest dimap oder eben auch YouGov haben Panels an Befragungsgruppen, die statistisch nach soziodemografischen Kriterien gewichtet sind, um die Hochrechnung auf die Gesamtbevölkerung zu verbessern. Wie gut diese Datensätze jeweils sind, hängt natürlich von vielen Faktoren ab. Wir sehen Unterschiede zum Beispiel, wenn wir die Ergebnisse zur Sonntagsfrage bei den unterschiedlichen Demoskopie-Instituten vergleichen.
Civey ist ein relativ neuer Player auf dem Markt der Meinungsforschung und arbeitet anders. Bei Civey-Umfragen wählen nicht die Institute aus, wer befragt wird, sondern die Befragten machen sich selbst zu Befragten. Oder sie ignorieren die Umfrage. Das führt dazu, dass bei Civey-Umfragen tendenziell Leute teilnehmen, die zu der gestellten Frage eine starke Meinung haben. Leuten, denen die Frage nichts sagt oder denen sie egal ist, ignorieren die Umfrage eher. Das führt zu Verzerrungen.
Civey-Umfragen sind ein tolles Tool, um mit den eigenen Zielgruppen im Gespräch zu sein und Stimmungen in eben diesen Zielgruppen einzuholen. Es genügt aber nicht wissenschaftlichen Kriterien. Wir sehen: Alle drei Umfragen haben ihre eigenen Schwächen. Was aber können wir aus ihnen lesen? Was erzählen sie uns? Was haben sie wirklich gemessen?
Wie valide kann die Zustimmung oder Ablehnung zum SBGG gemessen werden?
Um zu beantworten, was die Umfragen „Sind Sie für oder gegen das SBGG“ gemessen haben, möchte ich deine Aufmerksamkeit auf den anderen Aspekt lenken, den YouGov abgefragt hat:
Frage: „Am 1. November wird in Deutschland das Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag in Kraft treten. Wie würden Sie Ihren Wissenstand dazu einschätzen, worum genau es bei diesem Gesetz geht?“
- 21 bis 34 Prozent antworteten, sie wüssten ziemlich genau, worum es beim Selbstbestimmungsgesetz geht.
- Zwischen 42 und 50 Prozent gaben an, nur ungefähr zu wissen, worum es in dem Gesetz geht.
- Zwischen 18 und 37 Prozent gaben an, dass sie nicht wissen, worum es beim SBGG geht.
Rund drei Viertel der Befragten gaben also an, nur ungefähr oder nicht wirklich zu wissen, wozu sie ihre Zustimmung oder Ablehnung gaben. Das ist ein Problem, das ich auch schon beim Thema „Gendern“ beschrieben habe. Wenn ich messen möchte, ob Leute für oder gegen ABC sind, ist das Ergebnis nur dann valide, wenn klar ist, was ABC meint, wenn die Leute also ein einheitliches Verständnis von ABC haben.
Nochmal zur Sonntagsfrage: Wenn Leute gefragt werden, wen sie wählen würden, dann kennen sie im Regelfall zumindest die Parteien, die im Parlament sitzen, haben also weitgehend einheitliche Vorstellungen von der Frage und den Antwortmöglichkeiten.
Das ist sowohl beim Gendern wie auch beim Selbstbestimmungsgesetz grundlegend anders.
Die Leute sind schlecht über das Selbstbestimmungsgesetz informiert
Die allermeisten Menschen wissen nur wenig über das Selbstbestimmungsgesetz und welche Auswirkungen es hat. Aus meiner Arbeit zu Geschlecht und Gender weiß ich, dass viele Menschen mit der Bedeutung von Begriffen wie „Transfrau“ kämpfen und auch von sich selbst sagen, dass sie nur so ungefähre Kenntnisse über Transgender und das Selbstbestimmungsgesetz haben.
Aber auch die, die sich für informiert halten, liegen oft genug daneben. So behauptete kürzlich eine Person auf Linkedin, eine Transfrau sei eine Frau, die sich als Mann fühle. Tatsächlich ist es umgekehrt: Eine Transfrau ist eine männlich geborene Person mit weiblicher Identität. Die Person, die das schrieb, wähnte sich als Trans-Ally und hielt sich vermutlich für gut informiert.
Im Vorfeld der EU-Wahl begegneten mir in meinem Viertel zwei Wahlkämpfer*innen der Grünen. Während der Mann (um die 50) offen zugab, wenig über das SBGG zu wissen, glaubte die Frau (in den 20ern), sehr genau Bescheid zu wissen und belehrte mich, dass jemand, der mit dem SBGG den Geschlechtseintrag ändern wolle, erst zwei Jahre in dieser Geschlechtsrolle gelebt haben müsse. Das ist freilich Quatsch. Aber sie glaubte, es sei so. Sie suchte hektisch in ihrem Handy, um mir zu beweisen, dass sie Recht hat. Blieb im weiteren Verlauf des Gesprächs, das ich mit beiden hatte, aber sehr still.
Denn tatsächlich hat das Selbstbestimmungsgesetz keinerlei solcher Hürden oder Voraussetzungen. Jede mündige Person mit dauerhaftem Aufenthaltstitel kann zum Standesamt, die Änderung des Antrags anmelden und dann drei Monate später eine Erklärung abgeben. Dann werden Geschlechtseintrag und Vornamen wunschgemäß geändert.
Zurück zur Validität von Umfragen. Was messen sie, wenn die Leute zwar glauben, die Frage zu verstehen, aber jede und jeder etwas anderes versteht? Jedenfalls nicht das, was sie zu messen vorgeben. Denn wenn im Umkehrtest gefragt wird: Was bedeutet ABC, kommt heraus, das die Befragten quasi auf unterschiedliche Fragen geantwortet haben, nämlich auf das, was sie verstanden haben.
Beim Selbstbestimmungsgesetz hat diese Unwissenheit noch eine weitere Folge: Worüber stimmten Abgeordnete ab, wenn sie nicht genau verstanden haben, worum es geht? Ich bin sicher: Etliche Abgeordnete waren am 12. April 2024 genauso schlecht informiert, wie die Mehrheit der Bevölkerung.
Dazu kam, dass sie von Sven Lehmann und seinen Kolleg*innen, die für die Durchsetzung des Gesetzes kämpften, belogen wurden. Lehmann behauptete auch dann noch, es gebe international keine Probleme mit Self-ID-Gesetzen, als sich die Missbrauchsfälle im EU-Land Spanien unübersehbar häuften. Statt inne zu halten, um aus den Fehlern in Spanien zu lernen und es besser zu machen, erhöhte er den Druck, das umstrittene Gesetz durch den Bundestag zu peitschen.
Medien spielten dabei leider eine unrühmliche Rolle. Auch wenn es den einen oder anderen aufklärenden Beitrag gab. In der Summe war die Berichterstattung von Einseitigkeit und Polarisierung geprägt. Kritische Distanz, hintergründige Recherche, Aufklärung, damit sich die Leute selbst ein Bild machen, fehlte allzu oft.
Medien in der Verantwortung: Aufklärung statt pro und kontra
Transmann Till Randolf Amelung hat in einem Beitrag für die Initiative Queer Nations die Berichterstattung zum Start des SBGG analyisert. Er schreibt:
„Die bundesweite und lokale Medienberichterstattung zum Gesetz fokussierte sich vor und am 1. November vor allem darauf, Einzelpersonen in den Vordergrund zu rücken, die sich positiv über die Erleichterung äußern, kein Verfahren über das Amtsgericht mit zwei Gutachten mehr zu benötigen. Kritik am Gesetz kam kaum zur Sprache und wenn, wurde sie verkürzt oder verzerrt. Auch öffentlich-rechtliche Medien wurden ihrem Auftrag an ausgewogener Berichterstattung zum allergrößten Teil nicht gerecht.“
Was zu diesem Medienversagen beiträgt, wäre eine eigene Studie wert. Ein Grund ist sicher der Kampf um Reichweite. Und die gelingt eben besser mit Emotionalisierung und Polarisierung. Auf der Strecke bleibt die Sachdebatte, die Emotionen gerade runterkochen will, um vernünftig, ruhig und tiefgründig um gute Lösungen zu ringen. Algorithmen befeuern den Prozess der Skandalisierung.
Das Problem betrifft ja nicht nur ein Thema. Beim Thema Gendern beobachte ich seit mehr als fünf Jahren, dass Medien eigentlich kaum über eine Pro-kontra-Debatte hinauskommen. Statt zu erklären, was gendern bedeutet, welche Möglichkeiten es gibt, was der Gernderstern soll und warum er aber auch nicht ganz unproblematisch ist, statt Ideen zu verbreiten, welche Lösungen es gibt, statt also aufzuklären und eine lösungsorientierte Debatte zu moderieren, wird landauf landab polarisiert: Bist du dafür? Bist du dagegen?
Sendezeit und redaktionelle Fläche weden bestückt mit Leuten, die leidenschaftlich ihre Betroffenheit erklären, warum sie dafür oder dagegen sind. Wir haben in fünf Jahren sehr viel Sendezeit und sehr viel redaktionellen Raum darauf verwendet, den wir sinnvoller für das Wie und das Warum hätten nutzen können.
Ich hoffe, beim Thema Selbstbestimmungsgesetz sind sie klüger. Aufklärung tut dringend Not, auch Aufklärung darüber, dass in den vergangenen beiden Jahren kritische Stimmen systematisch ausgeblendet wurden. Im Zweifel mit Verschwörungserzählungen und dem Framing als „rechts“ oder „von Putin gesteuert“. Aufklärung darüber, welche Wege andere Länder inzwischen einschlagen, insbesondere in Sachen Evidenz und Sicherheit für die Betroffenen. Aufklärung und nüchterne Differenzierung über unterschiedliche Positionen und Interessen ohne Diffamierung und Abwertung. Wir brauchen mehr Qualitätsjournalismus, der gegen die Polarisierung in der Gesellschaft arbeitet und nicht Aktivismus im Journalismus, der die Polarisierung auch noch vorantreibt.
Bei dem Gesetz, das die Ehe für alle ermöglichte, war das anders. Im Vorfeld gab es eine breite gesellschaftliche Debatte, in der umfassend und kontrovers diskutiert wurde. Am Ende wussten nicht nur Bevölkerung und Abgeordnete Bescheid, worüber in dem Gesetz abgestimmt wurde und was es bedeutet. Es gab auch eine breite gesellschaftliche Zusimmung. Etwa zwei Drittel der Bevölkerung sprachen sich dafür aus, dass homosexuelle Paare ebenso wie htereosexuelle heiraten dürfen.
Zurück zu den Umfragen und einem weiteren Effekt:
Wenn die Umfragen die Wirklichkeit verändern
Livia Gerster befasst sich im FAZ-Meinungs-Newsletter am 4. November 2024 damit, wie Umfragen selbst zu Akteurinnen werden und nicht nur Stimmungen oder Meinungen abfragen, sondern die Wirklichkeit beeinflussen. Ihr Beitrag kommt anlässlich der US-Wahl am 5. November 2024, wo bis zum Schluss die Demoskopen wetteiferten, um zu prognostizieren, ob nun Harris oder Trump gewinnen werden. Immer mit so hohen Fehlertoleranzen, dass eine Vorhersage unmöglich war. Wir werden sehen, wie sich das prognostizierte Kopf-an-Kopf-Rennen auf die Wahlbeteiligung auswirkt.
Gerster verweist auf Wahlergebnisse, die ganz anders ausgingen als prognostiziert, etwa der Sieg Trumps 2016 oder die Abstimmung der Brit*innen für den Brexit. In beiden Fällen sagten die Umfragen ein „sicheres Ergebnis“ voraus. Gerster fragt, inwieweit diese Prognose der Meinungsforschung dazu geführt hat, dass die Leute, die ihr Wunschergebnis sicher wähnten, seltener zur Abstimmung gingen.
Tipps für deinen Umgang mit Umfragen und Statistiken
Wenn dir in Zukunft Umfragen, Grafiken, Zahlen begegnen, hinterfrage sie:
- Woher kommen diese Zahlen? Ist die Quelle seriös?
- Was messen diese Zahlen? Messen sie Ereignisse in der Wirklichkeit oder messen sie Meinungen über die Wirklichkeit?
- Prüfe die Daten: Wie gut bilden sie die Gruppe/das Thema ab, worüber sie eine Aussage treffen wollen?
- Hinterfrage die Methode und was sie aussagen kann und was nicht. Ein Beispiel: Wenn Leute gefragt werden, ob sie sich diskriminiert fühlen, erfahren wir etwas darüber, ob sie sich diskriminiert fühlen. Aber nicht darüber, ob sie faktisch diskriminiert werden. Dazu müssten wir definieren, was wir unter Diskriminierung verstehen und messen oder nach Daten suchen, die uns etwas über die Häufigkeit solcher Vorfälle sagen.
- Prüfe, ob die Erhebung den Gütekriterien quantitativer Forschung standhält: Objektivitiät, Reliabilität und Validität.
- Wenn Zahlen aus verschiedenen Quellen verglichen werden, sei besonders kritisch. Passen die Erhebungen überhaupt zusammen oder werden hier Äpfel mit Birnen verglichen?
- Schau dir den Absender der Botschaft an: Welche Positionen vertritt er und dienen die Zahlen möglicherweise der Lobbyarbeit?
Quellen und weiterführende Links
Gütekriterien für quantitative Forschung: https://www.scribbr.de/methodik/validitaet-reliabilitaet-objektivitaet/
Martin Spiewack: Wie man sich eine Studie backt, Interview mit Rainer Schnell, Zeitonline, 12. August 2023, https://www.zeit.de/2023/34/rainer-schnell-meinungsumfragen-sozialforschung
Sigi Lieb: Gendersprache und die Umfragen, gespraechswert.de, 18. September 2021, https://www.gespraechswert.de/gendersprache-umfragen/
Sigi Lieb: Selbstbestimmungsgesetz: Worum geht es und was erwartet uns?, gespraechswert.de, 17. Oktober 2024, https://www.gespraechswert.de/selbstbestimmungsgesetz-tritt-in-kraft/
Till Randolf Amelung: Das Selbstbestimmungsgesetz ist da, Initiative Queer Nations, 4. November 2024, https://queernations.de/das-selbstbestimmungsgesetz-ist-da/
Till Randolf Amelung: Zwischen Biologie und Identität – wie selbstbestimmt kann Geschlecht im Gesetz sein?, Initiative Queer Nations, 21. November 2023, https://queernations.de/wie-viel-biologie-steckt-noch-im-geschlecht/
t-online mit Umfrage: https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/innenpolitik/id_100383744/selbstbestimmungsgesetz-tritt-in-kraft-fragen-und-antworten-im-ueberblick.html
Welt TV mit der Umfrage: https://www.welt.de/politik/deutschland/video254295752/Jetzt-im-Livestream-Aenderung-des-Geschlechtseintrags-beim-Standesamt-Selbstbestimmungsgesetz-in-Kraft.html
YouGov-Artikel zur Befragung zum SBGG: https://yougov.de/society/articles/50835-das-selbstbestimmungsgesetz-stosst-unter-deutschen-auf-akzeptanz
YouGov-Umfrageergebnisse SBGG: https://ygo-assets-websites-editorial-emea.yougov.net/documents/DE_20241031_Ergebnisse_Selbstbestimmungsgesetz.pdf
Hier hat die FAZ die Umfragen der verschiedenen Meinungsforschungsinstitut zur Sonntagsfrage miteinander verrechnet und eine eigene Grafik gebastelt: https://www.faz.net/aktuell/sonntagsfrage-welche-partei-ist-in-den-umfragen-am-staerksten-19459939.html