Ich bin ja schon eine Weile mit dem Thema gendersensible und inklusive Sprache unterwegs. Und ich mache eine Beobachtung: Es gibt so eine Art Mode der Argumente oder Behauptungen, die Gegner*innen anbringen. Die funktionieren oft so lange, bis genug Menschen Bescheid wissen, was an diesen Thesen Fakt ist und was Fake.
Vor zwei oder drei Jahren hieß es oft: Gendern gebe es nur in Deutschland, andere Länder würden sich keinen Kopf machen. Falsch. Es hieß, Partizipien würden nur Tätigkeiten beschreiben. Falsch. Aktuell werden gerne Umfragen ins Feld geführt. Dabei wird behauptet, sie belegten, eine Mehrheit sei gegen gendergerechte Sprache.
Schauen wir uns mal eine solche Umfrage ganz genau an. Was wurde gefragt? Wer wurde gefragt? Wie wurde geantwortet? Und wie wurden die Zahlen interpretiert? Der folgende Blogbeitrag analysiert die Umfrage im Auftrag der WamS vom Mai 2021 (inklusive Update vom 3. März 2023)
Umfragen, Repräsentativität und Aussagekraft
Die Sache mit Umfragen ist eine komplizierte Angelegenheit. Was sagen sie aus? Auf wen darf ich verallgemeinern? Wenn ich zum Beispiel Leute in der Fußgängerzone an einem Freitagnachmittag frage, kann ich nur auf die Gruppe Menschen verallgemeinern, die freitags nachmittags in Fußgängerzonen gehen. Und ich muss die Leute natürlich gemäß ihrer Verteilung (Geschlecht, Alter, etc.) angemessen auswählen und genügend Personen fragen, um hochrechnen zu dürfen.
Die Umfrage, die hier näher untersucht wird, wurde von der Welt am Sonntag in Auftrag gegeben und von Infratest Dimap durchgeführt. Das Marktforschungsinstitut gibt an, per Zufallsauswahl 1.008 Wahlberechtigte via Festnetz- oder Mobiltelefon befragt zu haben (CATI-Umfrage). Der Befragungszeitraum war vom 18. bis 30. Mai 2021.
Ich investiere viel Arbeitszeit in meine Blogbeiträge, beachte journalistische Kriterien und stelle viel weiterführende Information zur Verfügung. Das alles stelle ich kostenlos für alle zur Verfügung – ohne bezahlte Werbung auf meiner Seite. Aber natürlich muss auch ich im Supermarkt mit Euros bezahlen. Daher freue ich mich, wenn du meine ehrenamtliche redaktionelle Arbeit unterstützt.
Repräsentatitvität in der Sozialforschung ist kompliziert. Im Grunde erfüllt kaum eine Befragung alle Kriterien für Repräsentativität und jede Stichprobe hat irgendwelche Fehler. Daher geben die Meinungsforschungsinstitute auch immer allerhand statistische Toleranzwerte an. Und deswegen kommen bei der gleichen Frage „Wen würden Sie wählen, wenn heute/nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre?“ je nach Institut unterschiedliche Ergebnisse heraus.
In Bezug auf die Sonntagsfrage zu den Wahlpräferenzen betonen die Marktforschungsinstitute, dass es sich um eine Momentaufnahme und eine Stimmung handelt. Das gilt natürlich auch für andere Fragen. Infratest Dimap erklärt selbst, was es mit den Methoden, der Auswahl und ihrer Aussagekraft auf sich hat.
Die genaueste Befragung in Deutschland ist das sozioökonomische Panel. Hier werden jährlich 30.000 Personen in 15.000 Haushalten befragt. Zum Vegleich: In der untersuchten Umfrage wurden 1.008 Wahlberechtigte via Telefon befragt.
Validität: Ist die Frage genau genug, um zu messen, was sie soll?
Ob eine Frage das misst, was sie messen soll, wird in der Wissenschaft mit dem Begriff Validität bestimmt. Bei der Frage „Wen würden Sie wählen, wenn heute Bundestagswahl wäre?“ ist die Validität hoch. Denn die Menschen antworten auf eine Frage, die sie weitgehend gleich verstehen. Und die Auswahlmöglichkeiten sind klar, nämlich Parteien, die zur Wahl antreten.
Die Frage „Sind Sie für/gegen Gendersprache?“ ist nicht valide. Das Problem: Die Leute verstehen unter „Gendersprache“ oder „Gendern“ völlig verschiedene Dinge. Und sie antworten auf das, was sie verstehen. Letztlich also auf viele verschiedene Fragen. Wenn du das nicht glaubst, mach den Test. Lass dir von verschiedenen Leuten erklären, was sie unter dem Wort „gendern“ verstehen. Meine Prognose: Du bekommst ziemlich unterschiedliche Antworten, besonders dann, wenn du in deiner Stichprobe Leute nimmst, die das gut finden, solche, die dagegen sind und solche, die sich keine Gedanken gemacht haben.
Gendersprache und die Umfragen Share on XWir alle benutzen Sprache. Und die meisten haben irgendwo schon mal den Begriff Gendersprache oder gendergerechte Sprache aufgeschnappt. Und die meisten haben auch schon mal ungewöhnliche neue Formulierungen gehört, wie etwa ein Wort, das mit dem Genderstern gesprochen wird. So verknüpfen sie den Begriff nur mit dem Sternchen und dem Ungewohnten, nicht aber mit all den gendersensiblen Formen, die sie selbst dauernd im Alltag verwenden, ohne es bewusst wahrzunehmen, die auch zur gendergerechten Sprache gehören. Befeuert wird dieses verzerrte Bild durch Polemiken und gezielte Falschinformationen.
Gender-Umfragen: Ist die Frage neutral formuliert oder framt sie in eine Richtung?
Während die Frage: „Sind Sie für/gegen das Gendern?“ zwar nicht valide ist, aber wenigstens neutral fragt, ist unsere Frage, die wir hier genauer ansehen, negativ geframt.
Die von der WamS in Auftrag gegebene Frage lautet:
Gefragt wird, ob in Medien und bei öffentlichen Auftritten Gendersprache verwendet werden soll. Dabei wird erklärt, dass statt Wählerinnen und Wähler, WählerInnen mit Binnen-I verwendet wird. Zweites Beispiel ist das ungewöhnliche Partizip Zuhörende.
Nun ändert das Binnen-I überhaupt nichts an der Gendersensibilität von Wählerinnen und Wählern. In beiden Fällen werden Männer und Frauen genannt. In beiden Fällen fallen nicht-binäre Menschen raus. Es wird also ein Beispiel genommen, das inhaltlich nichts verändert. Eine so gestellte Frage zeugt entweder von völliger Ahnungslosigkeit. Das möchte ich den Leuten von der Welt nicht unterstellen. Oder sie lockt die Befragten absichtlich auf eine falsche Fährte. Warum soll ich was ändern, was keinen Unterschied macht? Gibt keinen Grund.
Im zweiten Satzteil wird das ungewöhnliche Partizip I Zuhörende genannt. Das deutet viel Veränderung an, was ebenfalls Ablehnung verstärkt. Denn Veränderung wird als eher unbequem und anstrengend empfunden. Gängige Partizipien wie Studierende, Reisende, Vorstandsvorsitzende würden dagegen keine Vorstellung von Anstrengung erzeugen.
Die Frage der WamS hat also viele suggestive Elemente und soll die Antwort in Richtung Ablehnung lenken.
Stimmungsbild: Gendersprache in den Medien
Oben wurde ja bereits erklärt, dass solche Befragungen nur ein momentanes Stimmungsbild messen können, aber keine dauerhaften Einstellungen. Wie gezeigt, wurde die Frage so gestellt, dass Leute, wenn sie schnell und impulsiv antworten und sich wenig Gedanken zum Thema gemacht haben, zur Ablehnung neigen. Gefragt wurden Wahlberechtigte, also Menschen ab 18 Jahren. Was haben sie geantwortet?
30 Prozent haben geantwortet: Lehne ich voll und ganz ab, 16 Prozent befürworte ich voll und ganz. 26 Prozent lehnen eher ab, 19 Prozent befürworten eher. Aufgeschlüsselt wird das nach Altersgruppen, Bildungsniveau und nach Mann/Frau. Danach stimmen Jüngere der Frage mehr zu als Ältere, Frauen mehr als Männer, Leute mit hohem Bildungsstand mehr also Leute mit niedrigem.
Aber was genau lässt sich aus diesen Ergebnissen interpretieren?
Genderumfragen Interpretation: Was können die Zahlen wirklich aussagen?
Schauen wir uns jetzt näher an, was wir sachlich aus diesen Zahlen ableiten können und was die Welt am Sonntag daraus macht. Obwohl nur Wahlberechtigte gefragt wurden, verallgemeinert die Welt am Sonntag und schreibt: Die Mehrheit der Deutschen lehnt Gendersprache ab. Diese Aussage ist schlicht falsch. Das geben die Zahlen überhaupt nicht her.
- Kann ich keine Aussagen über die Mehrheit der Deutschen treffen, wenn ich nur Wahlberechtigte frage, nicht aber Kinder und Jugendliche.
- Kann ich keine Aussage über Gendersprache allgemein treffen, wenn ich nur nach Medien und öffentlichen Anlässen frage.
Auch sonst wurden die Zahlen so zusammengefasst, dass eine Ablehnung suggeriert wird, die nicht in dem Maße in den Zahlen steckt. Schauen wir uns die Zahlen nochmal ganz genau an und überlegen, wie sie zustanden kommen.
Du kennst das: Wenn du etwas gefragt wirst, wo du keine so klare und eindeutige Meinung hast, tendierst du zu eher ja oder eher nein. Man könnte die Antworten in der Mitte auch zusammenfassen mit: Kommt darauf an. 45 Prozent der Befragten, also fast die Hälfte haben unentschlossen geantwortet, obwohl die Frage negativ geframt war.
Sachlich richtig könnte die Schlagzeile also lauten:
- 30 Prozent der Wahlberechtigten lehnen die Gendersprache ab.
- 45 Prozent der Wahlberechtigten haben keine eindeutige Position zum Thema Gendersprache.
- 61 Prozent der Wahlberechtigten sind nicht grundsätzlich gegen Gendersprache.
Diese Schlagzeilen klingen anders? Ja, tun sie. Und die Zeitung Welt ist im Kontext des Themas Gendersprache leider schon häufiger damit aufgefallen, journalistische Qualitätsgrundsätze zu missachten und stattdessen eine Kampagne gegen gendergerechte Sprache zu fahren.
Andere Umfragen zum Gendern haben aber doch ähnliche Ergebnisse
Das mag sein. Wie oben gesagt, müssen wir jede einzelne Umfrage – übrigens nicht nur zum Thema gendergerechte Sprache, sondern auch zu anderen Themen, – genau unter die Lupe nehmen und prüfen: Wer hat die Umfrage in Auftrag gegeben? Wer und wie wurde gefragt? Was wurde geantwortet? Und was kann ich tatsächlich aus den Antworten ableiten? Was sagen die Zahlen wirklich aus? Oft werden Zahlen missbraucht, um eigene Positionen zu bekräftigen. Leider.
Tatsächlich gibt es in der Bevölkerung viel Verunsicherung zum Thema gendern und gendergerechte Sprache. Die wenigsten Menschen wissen, was das Gendern meint, unabhängig davon, ob sie eine Meinung dazu haben. Die wenigsten wissen, dass sie jeden Tag viele gendersensible Formen verwenden, übrigens auch die, die mit Polemik und Desinformation dagegen wettern. Den wenigsten ist bewusst, dass es in erster Linie darum geht, Gendermarkierungen zu vermeiden und nicht nur Männer zu nennen, wenn ich alle Menschen meine. Oft tun sie das intuitiv. Wenn Leute merken, dass das alles kein Hexenwerk ist und sie einfach nur ein bisschen bewusster nachdenken sollen, welche Wörter sie verwenden und dass sie das in ihrem Tempo und mit ihrem Bauchgefühl machen können, sind die wenigsten dagegen.
Die Desinformations-Kampagnen und Verschwörungserzählungen aus den Ecken VDS, AfD und manchen Teilen der Union behindern eine sachliche Aufklärung und Auseinandersetzung mit dem Thema. Und sie behindern, dass wir als Sprachgemeinschaft die Formen finden, die alle gleich wertschätzen und die meisten gut und ok finden.
Ich finde es zum Beispiel völlig ok, wenn jemand sagt, diese Gendersterne mag ich nicht. Das heißt aber nicht, dass jemand deswegen nicht gendersensibel formulieren kann. Es gibt ja zig andere Formen, mit denen das geht. Und zumindest binär, also Männer und Frauen adressierend geht es komplett ohne Sonderzeichen.
Ich erlebe auch, dass viele Menschen Sonderzeichen gegenüber aufgeschlossener werden, wenn sie verstehen, warum es die überhaupt gibt. Intersexuelle Menchen hat die Natur von Anfang an geschaffen. Der Mensch hat sie aber in seiner künstlichen binären Ordnung nach Mann Frau verdrängt, aus der Wahrnehmung, der Existenz. Erst 2017, als das Bundesverfassungsgericht urteilte, dass intersexuelle Menschen nicht gezwungen werden dürfen, sich für einen Personenstand Mann oder Frau zu entscheiden, gab es eine Änderung im Personenstandsrecht. Und erst seit 2021 ist es verboten, intersexuell geborene Säuglinge zu Junge oder Mädchen zu operieren. Erst jetzt müssen sie in ihrem Sosein gelassen, soweit gesundheitlich alles ok ist.
Für Menschen, die unsere binäre Ordnung bisher nicht zugelassen hat, haben wir an vielen Stellen keine Wörter. Dieses Problem haben auch andere Sprachen und das müssen wir alle gemeinsam in unserer jeweiligen Sprache lösen. Damit alle, egal ob Mann, Frau oder Divers die gleiche Wertschätzung erfahren.
Kleine Hintergrundinfo: Bei diesem Blogbeitrag dachte ich mir, zu irgendetwas müssen die Vorlesungen, Übungen, Prüfungen zu Empirische Sozialforschung und Statistik in meinem Studium (Diplom-Sozialwissenschaften) ja nützlich gewesen sein. Eben dafür, dass ich solche Befragungen für euch auseinandernehmen und hinterfragen kann.
Update: Was wir aus Umfragen erkennen können
Dieser Abschnitt ist ein Update vom 3. März 2023. Kürzlich veröffentlichte der WDR Ergebnisse einer Umfrage, die ebenfalls von infratest dimap durchgeführt wurde, allerdings mit diferenzierteren und sachlicheren Fragen. Auch die Gruppe der Befragten bezog mehr Menschen ein.
Zum Vergleich:
WamS: Wahlberechtigte (deutscher Pass, ab 18 Jahre)
WDR: deutschsprachige Bevölkerung in Deutschland ab 14 Jahren (Pass egal, Jugendliche eingeschlossen)
Links zu Infratest-dimap
- WDR-Umfrage: https://www.infratest-dimap.de/umfragen-analysen/bundesweit/umfragen/aktuell/gendergerechte-sprache/
- WamS-Umfrage zum Vergleich: https://www.infratest-dimap.de/umfragen-analysen/bundesweit/umfragen/aktuell/gendergerechte-sprache/
Im Unterschied zur WamS-Umfrage, bei der die politische Absicht deutlich erkennbar ist, fragt der WDR eher neugierig, welche Formen gendergerechter Sprache in der Bevölkerung akzeptiert sind und welche kritisch gesehen werden. Insofern lässt sich aus der Befragung auch mehr Erkenntnis gewinnen.
Gefragt wurde zum Beispiel, welche konkreten Formen geschlechtergerechter Sprache in der Berichterstattung auf Zustimmung stoßen und welche nicht. Die Beidnennung von Männern und Frauen bekommt dabei die größte Zustimmung. 69 Prozent finden das gut oder sehr gut. Aber auch neutrale Begriffe wie Publikum oder Studierende finden große Zustimmung.
Einzig beim Sonderzeichen scheiden sich die Geister. Gendersterne und Genderdoppelpunkte finden nur 35 Prozent gut oder sehr gut. Gesprochen sind es nur 27 Prozent. Allerdings darf mensch diese Zahl auch nicht überbewerten. Denn 62 Prozent der Befragten ist das Thema ‚geschlechtergerechte Sprache‘ nicht sonderlich wichtig, das heißt mehr oder minder egal.
Trotzdem gibt es natürlich eine Ablehnung von Sonderzeichen. Das mag einerseits daran liegen, dass diese Zeichen neu sind, im Sprachsystem ohne Tradition und daher als Frenmdkörper wahrgenommen werden. Ein anderer Grund wird deutlich, wenn wir uns die Ergebnissee der Studie des Rheingold-Instituts vom Februar 2022 ansehen. Zum Markenkern des Kölner Marktforschungsinstituts gehört es, dass quantitative Erhebungen mit qualitativen Interviews verknüpft werden. Befragt wurden 2000 Personen zwischen 16 und 35 in der quantitiven Erhebung und 46 in psychologischen Tiefeninterviews.
Die Studien brachte zwei interessante Erkenntnisse:
Die Befragten unterscheiden nach Kontext, wie wichtig ihnen gendergerechte Sprache ist. Bei offiziellen Anlässen (Kommunikation mit Behörden oder Unternehmen) ist es einer Mehrheit eher wichtig bis sehr wichtig, im privaten Umgang nur 26 Prozent.
Vielen ist der Sinn des Genderns oder die Bedeutung des Gendersterns nicht klar. Und wo wird das Thema zu einem Stellvertreterkonflikt über gesellschaftliche Missstände und Ungerechtigkeiten.
Diese Erfahrung teile auch ich, die ich oft in Unternehmenskontexten mit Menschen über dieses Thema spreche oder auf Socialmedia in Genderdebatten verwickelt werde.
Daher wünsche ich mir endlich mehr Sachlichkeit bei dem Thema. Und ansonsten: Lasst die Leute gendern wie sie wollen. Dann setzt sich durch, was die meisten für praktisch halten.
Titelbild: Sigi Lieb, Collage aus Screenshot Umfrage und freier Gestaltung
Ein interessantes Interview von Martin Spiewack mit Sozialforscher Rainer Schnell über das Problem mit Online-Umfragen:
Zwei Ausschnitte:
„Die Teilnehmer dieser Art von Online-Umfragen werden nicht ausgesucht, sie melden sich selbst. Sie stolpern auf einer Website über eine Anzeige oder gelangen über soziale Medien zur Umfrage. Civey, der bekannteste dieser Anbieter in Deutschland, präsentiert seine Umfragen auf den Seiten von Medienpartnern – und erwischt natürlich nur diejenigen, die diese Seiten lesen. Mit der gleichen Logik könnte man Fragebögen an einer Autobahnraststätte auslegen. Dann würden nur Reisende an der Umfrage teilnehmen.“
und
„ZEIT: Wenn die Kritik so umfassend ist, warum haben die Online-Umfragen so einen Erfolg?
Schnell: Sie sind billig zu haben. Für eine gute wissenschaftliche Studie müssen Sie für ein persönliches Interview zwischen 100 und 200 Euro zahlen – pro Befragten! Da kostet ein Survey schnell einmal 300.000 Euro. Telefonumfragen mit Zufallsstichproben sind billiger, aber seriöse Anbieter nehmen dafür – bei, sagen wir, zehn Fragen und 1000 Befragten – auch 25.000 Euro. Ein Web-Survey dagegen kostet Sie für eine Frage oft nur 1500 Euro. Das heißt, Sie können ohne Recherche und für wenig Geld eine gute Schlagzeile produzieren, selbst wenn schon die Frage unsinnig ist. “
Das ganze Interview: https://www.zeit.de/2023/34/rainer-schnell-meinungsumfragen-sozialforschung
Zitat:
„Du kennst das: Wenn du etwas gefragt wirst, wo du keine so klare und eindeutige Meinung hast, tendierst du zu eher ja oder eher nein. Man könnte die Antworten in der Mitte auch zusammenfassen mit: Kommt darauf an. 45 Prozent der Befragten, also fast die Hälfte haben unentschlossen geantwortet, obwohl die Frage negativ geframt war.
Sachlich richtig könnte die Schlagzeile also lauten:
30 Prozent der Wahlberechtigten lehnen die Gendersprache ab.
45 Prozent der Wahlberechtigten haben keine eindeutige Position zum Thema Gendersprache.
61 Prozent der Wahlberechtigten sind nicht grundsätzlich gegen Gendersprache.“
Hier sieht man wunderbar, wie der Wunsch der Vater des Gedanken sein kann. Man selbst ist mit dem Ergebnis nicht zufrieden also fasst man „eher ja“ und „eher nein“ als „unentschlossen“ zusammen, und baut dann darauf seine weitere Argumentation auf.
Das nennt sich „Verhalten zur Vermeidung von kognitiver Dissonanz“. Die Realität kollidiert mit dem eigenen Weltbild, man möchte dies nicht akzeptieren und versucht dann in ellenlangen Texten ein Umfrage-Ergebnis zu umzudeuten, dass es dann doch irgendwie mit dem eigenen Weltbild konform ist.
Wärst du selbst vehement gegen das Gendern, dann hättest du aus der Umfrage folgendes rausinterpretiert:
„Sachlich richtig könnte die Schlagzeile lauten:
16 Prozent der Wahlberechtigten befürworten die Gendersprache.
45 Prozent der Wahlberechtigten haben keine eindeutige Position zum Thema Gendersprache.
75 Prozent der Wahlberechtigten sind nicht grundsätzlich für Gendersprache.“
Was du machst, ist nichts anderes, als Framing. Und wie du framest hängt lediglich von deiner persönlichen politischen Meinung ab.
Du möchtest zu einer bestimmten Schlussfolgerung kommen und deutest die Faktenlage dann so, dass es irgendwie passt. Eine neutrale, gutachterliche, ergebnisoffene Prüfung eines Sachverhalts sieht anders aus.
Geframt hat die WamS und zwar in manipulativer Art und Weise. Das lege ich im Artikel dar und weise es nach.
Die meisten sind genervt von der Debatte, nicht von geschlechtergerechter Sprache. Überhaupt hat kaum jemand etwas gegen Studierende oder Fachkräfte. Die Debatte wird verengt auf ein Sonderzeichen. Die Position zum Sonderzeichen ist aber keine Position zum Gendern generell. All das erkläre ich ruhig und sachlich. Kein Grund, mir Unterstellungen zu machen. Hier eine Einführung, ganz ohne Sonderzeichen: https://www.texttreff.de/themen/gendergerechte-sprache-sigi-lieb
Welcher Schriftsteller würde sein Buch gendern? Das macht man nur in überschaubaren Kreisen. Ich habe gestern eine Onlineschulung gemacht. Bei Dieser waren nicht nur die Hauptwörter, sondern auch die Artikel gegendert z. B. ein/ eine Notar_in. Und das im ganzen Text. Ich musste mich sehr auf den Text konzentrieren als sonst. Wie geht es da nicht Muttersprachlern?
Liebe Katja Hierschbeck,
zu Ihrer Frage bezüglich Schriftsteller*innen: Da gibt es es solche und solche. Und das ist gut so. Denn jed*er darf das so machen, wie die Person das möchte. Bei neueren Büchern, lese ich öfters auch Sonderzeichen. Aber vor allen Dingen: „Gendern“ ist nicht, einen Text mit vielen Sonderzeichen zu versehen. Der Hauptteil beim Thema gendergerechte Sprache ist, Gender aus der Sprache zu entfernen. Wenn Sie die Texte hier auf meinem Blog lesen, merken Sie: Ich gendere und komme mit sehr wenigen Sonderzeichen aus. – Die Kritiker*innen merken das aber nicht, das solche Texte ebenfalls „gegendert“ sind.
Hier ist ein gegenderter Text ganz ohne Sonderzeichen: https://www.texttreff.de/themen/gendergerechte-sprache-sigi-lieb
Was Menschen angeht, die Deutsch als Zielsprache lernen: Es ist mitunter einfacher zu erklären, wann oder warum wo ein Genderstern hinkommt, als die komplizierten Doppeldeutigkeiten generischer Verwendungen. Im Vergleich zu vielen anderen Hürden beim Erlernen der deutschen Sprache ist diese ziemlich klein.
Was die Artikel angeht, nutze ich diese Version: die Schriftsteller*in – also nur „die“ als Artikel. Begründung: Der Stern markiert bereits eindeutig, dass es sich zum den Gattungsbegriff handelt, der den Beruf bezeichnet ungeaachtet des Geschlechts der Person, die ihn ausübt. Eine Doppelung ist unnötig. „De“ weil das phonetisch der logische Artikel ist, weil „die“ auch im Plural der generische Artikel ist und weil „die“ in den vier Fällen wesentlich einfacher zu flektieren ist als „der“. – Das ist aber keine offizielle Regel, denn die gibt es in diesem Kontext noch nicht. Aber es ist aus meiner Sicht die verünftigste Lösung, um Menschen aller Geschlechter anzusprechen, ohne durch zu viele Sonderzeichen einen Text unnötig kompliziert zu machen.
Wenn ich schon schreiben muss „61 % der Befragten lehnen gendern nicht grundsätzlich ab“, impliziere ich damit doch schon, dass a) 39 % strikt dagegen sind und ich b), nicht genügend eindeutige Stimmen dafür habe, um diese in einer Überschrift zu veröffentlichen.
Richtig, die Überschrift könnte auch lauten: 39 Prozent der Wahlberechtigten lehnen Gendersprache ab. Auch das geben die Zahlen her. Das ist aber nicht so aufmerksamkeitsstark wie die Falschbehauptung „Die Mehrheit der Deutschen“. Das ist schlicht Fakenews.
Und dann bleibt immer noch die Frage, was die Leute mit „lehne Gendersprache ab“ meinen. Im Regelfall haben die gar nichts gegen gendergerechte Sprache, sondern nur etwas gegen Sonderzeichen. Die sind ein Ausnahmefall im Konzept einer gendergerechten Sprache.
Ich erlebe oft in meinen Seminaren, wie Leute, die dem Thema gendergerechte Sprache anfangs sehr skeptisch bis ablehnend gegenüberstanden, erleichtert aufatmen, weil sie merken, dass es viele Möglichkeiten gibt.
,,Der Stern, Doppelpunkt oder Unterstrich drückt lediglich aus, dass zum Beispiel eine Berufsbezeichnunen alle Geschlechter einschließt..“
Das tut das generische Maskulinum schon, denn Genus ist nicht gleich Sexus. Tut mir leid, aber man kann es drehen und wenden wie man will. Das Gendern stößt zunehmend auf Ablehnung und das aus gutem Grund. Gendern ist sexistisch, kompliziert zu lesen und die Überbetonung des Geschlechts ist unnötig. Ich möchte nicht auf mein Geschlecht reduziert werden! Hier werden Menschengruppen ignoriert, die jetzt schon Probleme mit der deutschen Sprache haben. Migranten, Legastheniker, Blinde und Gehörlose. Denkt einer an die? Natürlich nicht und aus diesen Gründen wird das Gendern in der Form auch scheitern.
Vielen Dank für Ihre Meinung. Es ist Ihre Meinung und als solche respektiere ich das. Als Faktenbehauptung muss ich Ihnen widersprechen.
Zum Maskulinum: Was jemand meint, ist die eine Sache. Was jemand versteht und welche Bilder im Kopf erzeugt werden, die andere. Hier gibt es Unmengen an Forschungsergebnissen, die belegen: Egal wie das Maskulinum gemeint ist, es löst überwiegend Bilder von Männern aus. Sogar bei stereotyp weiblichen Berufen. Also nix mit generisch.
Zu Einstelliungen: Warum einfache Meinungsumfragen ungeeignet sind, erläuter ich ja im Blogartikel. Nach meiner Beobachtung privat wie beruflich wächst eher die Zustimmung zu gendergerechter Sprache. Das gilt ganz besonders, wenn Leute das Warum verstehen. Gendergerechte Sprache ist weitaus mehr als Genderstern ja/nein.
Der Genderstern hat den Vorteil, dass er Sprache vereindeutigt und als Gattungszeichen eindeutig kennzeichnen kann, wer gemeint ist.
Das kann das Maskulinum nicht: Wir brauchen mehr Erzieher. Der Satz ist mehrdeutig. Wer ist gemeint? Mehr Männer oder mehr Menschen im Beruf?
Wir brauchen mehr Erzieher*innen ist dagegen eindeutig. Beruf ohne Ansehen des Geschlechts. Im Kontrast dann „mehr Erzieher = mehr Männer“, ist ja ebenfalls wahr.
Zur Barrierefreiheit: Das Maskulinum ist NICHT barrierefrei. Die blinden Menschen, mit denen ich gesprochen habe, mögen den Stern und finden ihn gut. Gilt natürlich nicht für alle, denn Blinde haben ebenso unterschiedliche Meinungen wie Sehende. Auch Menschen im Autismus-Spektrum haben vielfältige Meinungen zum Thema, ich habe mit mehreren gesprochen. Gleiches gilt für Migrant*innen und andere Gruppen. Sie werden eher von Gegner*innen vorgeschoben und missbraucht.
Lesen Sie eine Studie der Überwachungsstelle des Bundes für Barrierefreiheit von Informationstechnik: https://www.bfit-bund.de/DE/Publikation/empfehlung-gendergerechte-digital-barrierefreie-sprache-studie-koehler-wahl.html
Die Frage, sind sie gegen oder für etwas ist meiner Ansicht nach eindeutig zu beantworten! Nämlich mit JA oder NEIN. Was daran am Ende nicht valide sein soll leuchtet mir als Akademiker nicht ein – auch nicht nachdem ich ihren Beitrag hier gelesen habe. 56% lehnen in der Umfrage die gendergerechte Sprache in Medien eher oder voll ab. 35 % befürworten sie eher oder voll. Und wirklich vollkommen unentschlossen haben nur 9 % geantwortet. Richtig ist, das ganze muss in weiteren Umfragen validiert werden! Trotzdem – das Meinungsbild in der Bevölkerung gegen das Gender – in welcher Form auch immer – lässt sich nicht leugnen. Wer das nicht sieht ist blind auf beiden Augen!
Der Grund ist meiner Ansicht nach einfach: Wenn es der Änderung der Sprache bedarf, um der Gleichberechtigung und Neutralität der Geschlechter gerecht zu werden, dann würde dies bedeuten, das ohne Gendern die Gleichberechtigung generell in Frage gestellt wird. In meinen Augen sind alle Geschlechter grundsätzlich gleichberechtigt – deshalb brauchen wir keine gendergerechte Sprache!
Liebe Daniel,
vielen Dank für deinen Kommentar. Eine Frage kann nur valide sein, wenn alle das gleiche verstehen. Sonst antworten Leute mit Ja/Nein auf unterschiedliche Fragen, was die Messung für die Tonne macht. – Das solltest du als Akademiker eigentlich wissen. Und im Beitrag ist es ja auch für alle erklärt.
Ich stimme dir zu, dass es hier mehr Messungen bedarf. Ich verfolge die aktuelle Forschung zum Thema.
Eine spannende Studie zum Sprachgebrauch hat für das Lexem „Student, Studentin, Studierende und weitere Formen“ herausgefunden, dass nur 17 Prozent das generische Maskulinum verwendet haben. Die anderen unterschiedliche andere Formen, meist Beidnennung oder Partizip I. Manche auch Sonderzeichen. Und das war 2017, da kannte kaum jemand den Genderstern.
Was „Änderung der Sprache“ angeht: Die ist eine konstanter Fakt jeder Sprache, solange sie benutzt wird. Das gilt auch für Aspekte, welche Aussagen und welcher Sprachgebrauch gesellschaftlich als angemessen und welcher als nicht-angemessen betrachtet wird.
Was das generische verwendete Maskulinum angeht: Das wird zunehmend gesellschaftlich abgelehnt. Es gibt klare Evidenzen, dass es die Überwindung von Geschlechterstereotypen behindert.
Was deine Augen sehen, ist deine individuelle Sicht. Die Forschung und Statistik belegen eindeutig, dass es klare patriarchale Machtverschiebungen gibt. – Die Sprache kann das nicht alleine lösen. Aber Sprache ist Teil unserer Wirklichkeit, sie beschreibt sie und wirkt auf die Vorstellung von Wirklichkeit in Köpfen.
Eine Wertschätzung für Menschen verschiedner sexueller Orientierung bringt man nicht mit dem Schreiben von *, :, / oder kapitalem „I“ mitten im Wort oder mit gebetsmühlenartiger Nennung von Männern und Frauen zum Ausdruck, sondern mit Formulierungen, die ihre spezielle Besonderheit nicht unterdrücken. Dazu hat die deutsche Grammatik vielfältige Möglichkeiten. Grundsätzlich gelten zwei Prinzipien. Erstens muß man damit aufhören, sprachliche Änderungen herbeiführen zu wollen, die sich nicht in die Regeln der deutschen Grammatik und ihrer Orthographie einordnen lassen. Zweitens muß man damit aufhören, die deutsche Sprache als ein juristisches Objekt zu betrachten, für das man „Beschlüsse fassen“, „gesetzliche Bestimmungen“ „erlassen“ oder „in Kraft setzen“ könne.
Die Methode, man müsse die falschen Vorhaben nur oft genug wiederholen, dann werden sie schon irgendwann als richtig angesehen, ist keine Option. Wenn zum Beispiel die Medizinische Hochschule Brandenburg einen „Leitfaden für gendergerechte Sprache“ als „Senatsbeschluß“ deklariert, mit dem alle Hochschulangehörigen zu seiner Einhaltung verpflichtet werden sollen, so erfordert das Vorhaben gewiß einen politischen Eingriff, solche Vorgehensweisen zu unterlassen. Dies ist um so mehr geboten, als die Autoren bei der Ausarbeitung erhebliche sprachliche Kenntnisdefizite und politische Denkfehler offenbart haben, die den Leitfaden als unbrauchbar klassifizieren.
Sehr geehrter Manfred Pohl, vielen Dank für Ihre Ausführungen. Leider unterliegen Sie einem wesentlichen Denkfehler: Gendergerechte Sprache hat nichts mit sexueller Orientierung zu tun. Warum sollten wir in einem Text über Berufskraftfahrer*innen oder Ärzt*innen über deren sexuelle Vorlieben sprechen wollen? So lange sie sich an erwachsene Personen richten und einvernehmlich geschehen, sind sie Privatsache und gehen niemanden etwas an.
Der Stern, Doppelpunkt oder Unterstrich drückt lediglich aus, dass zum Beispiel eine Berufsbezeichnunen alle Geschlechter einschließt und dazu gehören neben Mann und Frau eine Reihe weiterer Geschlechter – und zwar seit Jahrtausenden, von der Natur geschaffen. Nur wurden sie ignoriert, schon als Babys geschlechtszuweisend operiert, verstecken bis heute meist ihre Intergeschlechtlichkeit, weil sie Ausgrenzung und Mobbing fürchten. Weil wir diese Menschen wegoperiert und aus unserer Wirklichkeit ausgegrenzt haben, gibt es dafür bisher keine Wörter in unserer Sprache. Denn Sprache ist nicht das Machwerk einiger Dogmatiker*innen, sondern lebendiger Ausdruck unseres Erlebens von Welt, daher auch einem ständigen Wandel unterliegend.
Zu diesem Wandel zählt auch, dass die Rechtschreibreform in den 90er Jahren dafür sorgen wollte, dass das Deutsch von Graz bis Greifswald und von Bozen bis Berlin sowie von Zürich bis Zwickau einheitlicher wird. Es ist nicht ganz gelungen, denn in der Schweiz gibt es nach wie vor kein Eszett. Was ich persönlich sehr schade finde. Aber ansonsten wurde die Eszett-Regel einfacher und viel besser erklärbar, weil logischer. Hier für Sie in diesem Blogartikel erlärt: https://www.gespraechswert.de/rechtschreibung-eszett-ss-s/
Wenn Sie über Sprache dozieren und glauben, etwas besser zu wissen als andere, wäre es hilfreich, wenn Sie sich selbst an Rechtschreibregeln hielten. Andernfalls könnte man meinen, Sie wünschten sich die Gesetzgebung der 50er Jahre zurück, als Frauen ohne Erlaubnis ihres Mannes kaum etwas durften, weder ein Bankkonto besitzen, noch arbeiten, dafür bis 1997 ihrem Ehemann zur sexuellen Verfügung stehen mussten. Wollen Sie das?
Zum Glück sind wir heute weiter. Und diese Realität schlägt sich in der Sprache nieder. So simpel
Wäre mal spannend, wie der Artikel geschrieben worden wäre, würde eine Mehrheit das Gendern positiv bewerten. Gestern noch mit meiner Schwester diskutiert und sie (pro gendern) meint, dass tatsächlich 60% gegen das Gendern sind, was irgendwie impliziert, dass 40% eher dafür sind, was ja recht viel wäre. Nimmt man die neutralen als eigene Gruppe, dürfte das Pro-Lager noch wesentlich geringer werden. Hätte sie umgekehrt gesagt, 15% sind dafür (gerade irgendwo gelesen, keine Garantie für Richtigkeit), hätte es zumindest schon anders geklungen.
So oder so, Gendern ist noch weit vom Mainstream entfernt, zumindest weiter als es die Verbreitung in Medien oder auch Behörden vermuten lässt. Einfach mal die Kommentarspalten beliebiger Online-Publikationen auswerten. *, : oder I sind da auf jeden Fall sehr selten, selbst wenn im eigenen Medium gegendert wird.
Lieber Thomas D., vielen Dank für deinen Kommentar. Deine Frage will ich gerne beantworten: Der Artikel wäre genauso ausgefallen. Warum das so ist, ist in dem Text erklärt. Aber gerne nochmal: Die Frage „Sind Sie für oder gegen das Gendern?“ kann nicht valide beantwortet werden. Dazu fehlt eine allgemeingültige und von allen gleich verstandene Definition, was darunter zu verstehen ist. Die gibt es nicht.
Sätze wie „Wir beraten Sie gerne“ oder „Management-Brief“ oder „Regeln für Führungskräfte“ sind gegendert in dem Sinne, was der Begriff meint, nämlich „entgendern“. Das Gender ist in der deutschen Sprache omnipräsent und in die Grammatik eingeschrieben. Ich als Verfasserin achte bewusst darauf, nicht ein Gender für alle zu benennen, sondern sage, was ich meine. Wenn ich Männer meine, verwende ich das Maskulinum, wenn ich Frauen meine, verwende ich das Feminium. Wenn ich alle meine, wähle ich bevorzugt neutrale Begriffe und greife in anderen Situationen auf den Stern zurück. Den verwende ich ebenso, wenn ich über nicht-binäre Personen spreche.
An solche Sätze, wie die im Beispiel genannten, wird aber kaum jemand denken, dem diese Frage gestellt wird. Die Anti-Gender-Propaganda-Fraktion tut ja alles dafür, Leuten einzureden, Sie müssten auf einmal ganz anders reden und schlägt ziemlich viele falsche und unsinnige Wörter vor, die sie willkürlich und sinnbefreit mit Sternen verziert. Mit Desinformation, Fakenews und Hetze machen sie Stimmung und wollen eine Sprache erzwingen.
Ich denke mir: Lasst die Leute doch selbst entscheiden. Erkärt das Warum, zeigt das Wie und dann sollen die Leute schauen, was ihrem Empfinden entspricht. Am Ende setzt sich eh nur durch, was die meisten Leute auch benutzen.
Was die Stimmung in der Bevölkerung angeht, da dreht sich der Wind. Es ist eher so, dass sich Unternehmen auf den Weg machen, weil sie zu viele Beschwerden von intern wie von extern bekommen, wenn sie Männer sprachlich bevorzugen und andere Geschlechter vergessen.