Das Ahrtal war und ist mein kleines Paradies vor den Toren Kölns. In den Wochen vor der Flut war ich regelmäßig in der Eifel wandern, am liebsten zwischen Ahrweiler und Altenahr. Nach der Flut war ich eine der Vielen, die Schlamm geschippt haben. Und heute erkunde ich wieder vorsichtig das Ahrtal. Ich versuche immer noch, zu begreifen, was passiert ist. Es ist immer noch monströs. Und ich frage: Was brauchen die Leute dort und was kann ich dabei tun? Mit diesem Blogbeitrag gebe ich meinem Bedürfnis Raum, mich an die katastrophale Flut im Ahrtal in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 zu erinnern und ich möchte dich einladen, das dir Mögliche zu tun, um den Menschen beim Wiederaufbau zu helfen.
Die Tage und Wochen vor der Flut 2021
Normalerweise hätte ich die Wanderung am 11. Juli 2021 nicht so gut in Erinnerung behalten. Dafür war sie nicht spektakulär genug, aber nervig. Ich war nach Adenau gefahren, um auf die Hohe Acht zu steigen, den höchsten Berg der Eifel. Während des ganzen Aufstiegs hörte ich den Nürburgring, laut und dröhnend. Und oben angekommen gab es vor allen Dingen Wald zu sehen. Nach der Wanderung war ich mit einer Freundin in Adenau essen und fuhr zurück nach Köln – über Ahrbrück und vorbei an Altenahr, auf einer Straße, die es wenige Tage später nicht mehr geben sollte.
In den Wochen zuvor war ich etwa jedes zweite Wochenende an der Ahr. Ich hatte mich endgültig in das Ahrtal verliebt, mein kleines Paradies vor den Toren Kölns. Die Landschaft zwischen Ahrweiler und Kreuzberg ist traumhaft schön. Die Ahr schlängelt sich durch das enge Tal, rechts und links ragen schroff die Felsen empor und auf den Südseiten überall Weinberge. Eine Augenweide. Und hervorragend zum Wandern.
Im Mai verbrachte ich ein ganzes verlängertes Wochenende in Dernau. Wir waren nach dem langen Lockdown quasi die Erstbezieherinnen der nagelneuen Ferienwohnung. Alles top und mit viel Liebe eingerichtet.
Am 13. Juni 2021 wanderte ich von Altenahr hinauf zur Burg Are und dann den Rotweinwanderweg bis Rech und auf der anderen Seite der Ahr wieder zurück. In meinem Versuch der Rekonstruktion musste ich Fotos mit Häusern, Bahngleisen, Zivilsation suchen. Mir fiel auf, dass ich Häuser, Autos, Zivilisation oft ausgespart habe und mich auf die Natur konzentriert hatte. Eigentlich logisch. Aber ein paar Bilder fand ich doch. Wie sah es vor der Flut im Tal aus?
Ich investiere viel Arbeitszeit in meine Blogbeiträge, beachte journalistische Kriterien und stelle viel weiterführende Information zur Verfügung. Das alles stelle ich kostenlos für alle zur Verfügung – ohne bezahlte Werbung auf meiner Seite. Aber natürlich muss auch ich im Supermarkt mit Euros bezahlen. Daher freue ich mich, wenn du meine ehrenamtliche redaktionelle Arbeit unterstützt.
Erst kam der Dauerregen, dann das Hochwasser und mit ihm die Flut, die alles mitriss
Am Dienstag, den 13. Juli, war ich abends in Köln Doppelkopf spielen. Auf dem Heimweg begann es zu regnen. Erst tröpfelte es, auf den letzten 300 Metern vor meinem Zuhause begann ein Monsunregen, der mich innerhalb von Minuten so durchnässte, dass meine Füße in den festen Schuhen im Wasser standen, als ich an meiner Wohnung ankam. Dieser Regen hielt 24 Stunden an.
Im Laufe des Donnerstags, 15. Juli 2021 kamen nach und nach Nachrichten aus dem Freundes- und Bekanntenkreis. Die Rede war von Überschwemmungen, von vollgelaufenen Kellern, von schlimmen Unwetterfolgen – in Köln, Leverkusen, Düsseldorf, Euskirchen… und im Ahrtal. Es dauerte, bis ich begriff, was geschehen war. Zwei Tage saß ich fassungslos und wie erstarrt vor dem Internet. Ich konnte nichts arbeiten. Ich starrte auf die Nachrichten, Bilder, Videos. Internet und Fernsehen starrten zurück.
Unerbittlich zeigten sie mir apokalyptische Bilder von Orten, die ich kenne, Brücken, über die ich gelaufen, Gastros, in die ich eingekehrt war. Ich sah, wie die Ahr einen Campingwagen vor sich hertrug, ihn gegen die Nepomuk-Brücke in Rech donnern ließ und dann wie Papier in einen Schredder durch einen der steinernen Torbögen zog. Hoffentlich war da kein Mensch mehr im Campingwagen. Die Nepomuk-Brücke, hatte den 2. Weltkrieg überstanden, die Ahrflut von 2021 nicht. Irgendwann in dieser Nacht brach sie.
Ich sah den Baumstamm auf der Terasse der Bikerkneipe in Altenahr. Da war ich auch schon eingekehrt und erst kürzlich war mir beim Vorbeiwandern aufgefallen, dass – makaber aber praktisch – in unmittelbarer Nachbarschaft ein Beerdigungsinstitut für Biker*innen war. Beide Gebäude sind heute abgerissen. Die ehemalige Straße ist im Juni 2022 eine provisorische Sandpiste.
Ich konnte nicht arbeiten, also konnte ich genauso gut Richtung Ahrtal fahren, auch wenn ich nicht so genau wusste, ob und wie meine Hilfe dort gebraucht wird, oder ob ich überhaupt durchkomme. Aber herumsitzen und das Internet anstarren war in jedem Fall schlechter.
Am Sonntag, den 18. Juli 2022 machte ich mich auf den Weg nach Dernau. Dernau hatte ich gewählt, weil Ahrweiler, Altenahr und Schuld durch die Medienpräsenz vermutlich schon viel Hilfe anzogen. Rech und Mayschoss haben keine Zufahrt von oben, daher wusste ich nicht, wie ich dorthin hätte kommen sollen. Nach Dernau schon, da führt eine kleine Straße vom Plateau bei Esch hinunter.
Etwas unbeholfen packte ich ein paar Sachen ein. Ich ließ mein Auto oben auf einer Wiese in Esch stehen und ging zu Fuß den Berg hinunter nach Dernau. Dort fragte ich ein paar Feuerwehrleute, wo ich denn helfen könne. Einfach an den Häusern fragen, hieß es. Bei einem Haus sah es nach wenigen Leuten aus, also fragte ich dort. Die Familie war erfreut. Wir entkernten das Erdgeschoss, schöpften Eimer für Eimer Matsch, Wasser und eine Existenz aus dem Keller. Alles musste raus. Mit Öl, Bremsflüssigkeit und was auch immer kontaminierter Matsch und ganze Leben von Familien landeten auf dem Sperrmüll. Eine Woche später fehlte oft hier ein Spachtel, dort eine Zange. Aber knietief in kontaminiertem Matsch und Wasser, den Schock der Flutnacht in den Gliedern, hatte niemand Zeit noch Nerv, einzelne Gegenstände zu sortieren. So landete alles auf dem Sperrmüll.
Es half mir, zu helfen. Ich musste irgendetwas tun. Ich konnte die Bilder in Fernsehen und Internet nicht wirklich begreifen. Und die Bilder vor Ort waren noch dramatischer als im Fernsehen. Zerstörung, Verzweiflung, kein Strom, kein fließend Wasser, kein Handyempfang, nichts. Alles kaputt. Sonst sind die Bilder solcher Katastrophen weit weg, in anderen Ländern, ärmeren Ländern. Und jetzt ist die Apokalypse hier, in NRW und Rheinland-Pfalz, im reichen Deutschland, in meiner Hood.
Familien erzählten mir beim Helfen von dramatischen Momenten der Rettung. Und sie erzählten von Todesopfern, wie der Mutter mit ihrem Kind, die nicht aus der Einliegerwohnung kam. Sie hatte einen eigenen Eingang. Eine Treppe in den ersten Stock gab es nicht. Raus kam sie nicht. Auch ein älteres Ehepaar, Souterrain in einem Haus gegenüber, in dem ich half, ist in der Flut ertrunken.
Der Friedhof in Dernau war unter Schlamm begraben. Es ragten nur noch die höchsten Grabsteine und Kreuze aus dem Schlamm. Dafür lagen darauf mehree Autos, die die Ahr vorbeigebracht hatte. Der Friedhof ist mitten im Dorf, locker 100 Meter von der Ahr entfernt.
Von 600 Häusern in Dernau waren 500 unbewohnbar, erzählte mir letzten Sonntag ein älteres Paar, das mir bei einer Wanderung von Rech hinauf auf den Krausberg traf.
Im Herbst musste ich mir eingestehen, dass ich nicht so helfen konnte, wie ich es gerne getan hätte. Ich konnte ohnehin nur sonntags freimachen, aber auch nicht jeden. Und am Sonntag haben viele Familien den einzigen und verdienten Ruhetag in der Woche. Und ich musste mir eingestehen: Ganz ohne Wochenende laufe ich Gefahr, geradewegs in den Burnout zu rutschen. Also habe ich mir sonntags Wochenende verordnet und hatte ein furchtbar schlechtes Gewissen.
Ein Jahr später: Das Ahrtal verletzt und immer noch schön
Im Frühling 2022 traute ich mich ein erstes Mal wieder Richtung Ahr. Ich parkte oben in den Weinbergen über Dernau. Da ich verletzt war, konnte ich nur eine kleine Runde wandern. Und danach suchte ich, wie der Stand der Dinge ist, ob Gäste wieder erwünscht sind, wo mensch Wein kaufen kann, wie ich helfen kann.
Manche Häuser sind renoviert, manche sind Baustelle, an wieder anderen scheint nichts zu passieren. Immer noch wohnen viele Menschen in Ferienwohnungen und anderen provisorischen Unterkünften. Das Ehepaar, das ich letzten Sonntag traf, erzählte, dass es alles gebe, Menschen die anpacken und neu aufbauen, welche die weggezogen sind und solche, die da sind und nicht in der Lage scheinen, neuen Mut zu fassen.
Die Winzergenossenschaft Dagernova unten an der Ahr in Dernau, bei der ich nach der Flut Wein aus dem Matsch befreit hatte, ist nach wie vor verbrettert. Der Weinverkauf ist jetzt oben im Dorf, in der Nähe der Kirche, in dem Gebäude, in dem nach der Flut 2021 die Gemeinde spontan die Essensversorgung für die Bewohner*innen und Helfer*innen bereitgestellt hatte.
In Altenahr war ich im Mai 2022 zum ersten Mal wieder. Die Zerstörung im Dorf ist überall zu sehen, der Wiederaufbau aber auch. Ein Gastrobetrieb, der das eigene Restaurant und die Ferienwohnungen noch renoviert, hat einen provisorischen Biergarten errichtet mit einem mobilen Ausschank. Als Toilette dienen Dixie-Klos.
Ich habe versucht, mit Fotos die Orientierung herzustellen. Was war genau wo in meiner Erinnerung? Ich mache Fotos und vergleiche sie mit denen vor der Flut. Den Bezahlparkplatz, bis zur Flut einzige Parkmöglichkeit im engen Altenahr, ist weg. Dafür steht der Bahnhof Altenahr frei da, daneben ist eine Sandpiste zum Parken. Das Restaurant Sirtaki, das im Mai 2021, als ich mit einer Freundin vorbeikam, proppevoll war, existiert nicht mehr. Das Gebäude steht leer. Das gilt auch für die Vinothek der Winzergenossenschaft Mayschoss-Altenahr. Kaputt sind auch die Brücken für Bahn und Ahrtalradweg. Die Jugendherberge Altenahr blieb wie durch ein Wunder verschont. Aber die Brücke, die dorthin führte, gibt es nicht mehr. Der Weg am Fluss ist abgebrochen.
Bis die Bahngleise wieder gebaut sind, wird es noch dauern. Schneller war die Telekom. Bei einer Wanderung über die Burg Are und hinter Kreuzberg zurück nach Altenahr fallen mir Kabel im Wald auf, daran Zettel in Folie eingepackt: Achtung Telekomkabel, mitten duch den Wald und am Wanderweg entlang. Der Telekom gebührt mein ganzer Respekt und viel Lob für ihr Engagement direkt nach der Flut. Der Konzern sitzt in Bonn und viele Beschäftigte kommen von der Ahr oder haben Bekannte und Verwandte dort.
Nach der Flut war die Telekom schnell vor Ort, hat Handys und Powerbanks verschenkt und alles daran gesetzt, so schnell wie möglich den Mobilfunk und das Internet wieder herzustellen. Danke dafür!
Auch wenn die Bahngleise fehlen. Die Gastro in Mayschoss ist wieder da. Jedes Mal, wenn ich heute ins Ahrtal komme, habe ich das Gefühl, die Gastro wurde ein bisschen mehr, hier und da wurde etwas fertiggestellt, wieder in Betrieb genommen. Das Angebot für Tourist*innen und Tagesgäste wächst.
Im April und Mai veranstaltete das Ahrtal „Wandern für den Wiederaufbau“. Entlang des Rotweindwanderweges waren Weinstände und Sitzgelegenheiten aufgebaut. Ich war immer noch sehr verunsichert. Ich wollte keinen Katastrophen-Tourismus betreiben, aber ich wollte die Menschen im Ahrtal gerne unterstützen. Die Menschen, mit denen ich gesprochen habe, versicherten mir: Wir freuen uns über jeden, der kommt.
Oben in den Weinbergen oder drüben auf dem Ahrsteig ist es schön, wie eh und je. Wein, felsige Wanderwege, knorrige Eichen und Kiefern, ein Flair wie im mediterranen Raum. Im Juni wollte ich wissen, ob das Teufelsloch wieder erreichbar ist. Ist es, nur auf anderem Weg. Und dort, wo sich sonst Schlangen bilden und Kinder ungeduldig warten, bis sie endlich an der Reihe sind, den schmalen Grat zum Teufelsloch zu klettern, war es fast leer. Wir hatten sogar Zeit für ein Fotoschooting, ohne dabei andere Menschen warten zu lassen. Das hatte ich in all den Jahrzehnten vorher, wenn ich da oben war, nie.
Die Talbereiche des Ahrsteigs sind durch die Flut zerstört worden. Inzwischen wurden Umleitungen eingerichtet und der Ahrsteig ist wieder durchgehend begehbar.
Ahrtal nach der Flut – Tourismus im Wiederaufbau
Wandern im Ahrtal ist derzeit emotional verstörend. Unbändige Schönheit auf der einen Seite, Wunden und Zerstörung auf der anderen. Am vergangenen Sonntag war ich in Rech und bin zum Krausbergturm oberhalb von Dernau gewandert. Auf dem Bild ist die zerstörte Nepomukbrücke zu sehen. Den Nepomuk selbst haben die Bewohner*innen aus den Fluten geborgen und wieder aufgestellt. An der Ersatzbrücke ein paar Meter weiter sind Blumen gepflanzt. Der Schrecken und die Schönheit, der Schmerz und der Aufbruch, die Trauer und die Freude, alles ist im Ahrtal im Moment sehr nah beieinander.
Ich denke an das Wort Demut. Darin stecken Akzeptanz und Mut, im Wort Demut steckt viel Resilienz. Demut akzeptiert das Unvermeidliche und hat Mut und Rückgrat, nach vorne zu blicken.
Vielleicht ist das Ahrtal derzeit besser als jeder Ort in Deutschland geeignet, uns reflektieren zu lassen, uns darüber nachdenken zu lassen, was wirklich wichtig ist im Leben.
Ich werde jedenfalls weiterhin regelmäßig an die Ahr fahren. Und ich werde die Zerissenheit auf mich wirken lassen, diese unbändige Schönheit auf der einen Seite und die Wunden der Zerstörung auf der anderen. Und ich werde immer Geld dortlassen. Denn, wenn ich schon keine Gleise verlegen und keine Heizung bauen kann, aber ich kann die Gastronomie und den Weinhandel mit meinem Geld unterstützen. Und mit meiner Anwesenheit als Wanderin kann ich den Leuten Mut geben, dass die Besucher*innen und mit ihnen die Haupteinahmequellen für die Region vor der Flut wiederkommen.
Vor der Flut habe ich nie sonderlich darauf geachtet, ob ich im Ahrtal nur wandern gehe, oder ob ich auch Geld dort lasse. Mal waren wir einkehren, mal nicht. Und selten habe ich auch mal Wein gekauft. Ich trinke eigentlich eher Trauben, die in Deutschland nicht wachsen (Tempranillo, Grenache, Syrah). Das hat sich geändert. Ich kehre bewusst ein. Und ich besuche die Vinotheken, lass mich beraten, um die für mich passenden Weine zu finden, kaufe Wein für mich und als Geschenke für andere.
Ich danke allen Menschen in den Ahr-Dörfern für ihren Mut, ihr Durchhaltevermögen, ihre Resilienz, ihre Kraft, ihre Solidarität, ihre Freundlichkeit. Und ich hoffe, dass euer Tal wieder erstrahlt und vielleicht noch schöner als vorher, weil euch die Flut zwar unfassbar viel genommen hat, aber euch auch gezeigt hat, wie groß euer Zusammehalt ist.
Hier ein paar Links für dich, zum Besuchen oder auch nur zum Schoppen shoppen
Ahrtal: Wieder für dich da – https://www.ahrtal.de/fuer-dich-da
Ahrsteig: https://www.ahrsteig.de/
Rotweinwanderweg: https://www.rotweinwanderweg.de/
Dagernova, Winzergenossenschaft Dernau: https://www.dagernova.de/
Gemeine Dernau: https://www.dernau.de/tourismus/wein/dagernova/
Gemeinde Altenahr: https://www.altenahr.de/de/startseite
Winzergenossenschaft Mayschoss-Altenahr: https://www.wg-mayschoss.de/
Und hier noch ein paar Links mit Hintergrundinfos zur Flut
Der WDR rekonstruiert die Hochwasserkatastrophe in einer Multimedia-Reportage: https://reportage.wdr.de/chronik-ahrtal-hochwasser-katastrophe#links-zu-weiteren-hochwasser-reportagen
Der SWR geht der Frage nach, warum der Krisenstab die Menschen nicht früher gewarnt hat. https://www.swr.de/swraktuell/rheinland-pfalz/flut-rekonstruktion-ahrtal-protokoll-100.html
T-online beschäftigt sich in zwei Artikeln mit den privaten Hilfs-Strukturen. Zu Beginn ein Segen, zwei zupackende, flexible Männer, die handelten und Hilfe organisierten. Mit der Zeit ein Problem, denn auch nachdem sich das Chaos gelichtet hatte, schienen die beiden Männer wenig Interesse daran zu haben, sich in demokratische Strukturen einbinden zu lassen, verhielten sich eher wie Könige und bauten mit Hilfe ihrer digitalen Fangemeinde erheblichen Druck auf. Das Narrativ von der unfähigen Verwaltung, den unfähigen Gemeinden und dass nur sie allein fähig seien und wüssten, was richtig sei, haben sie von Anfang an aufgebaut.
Februar 2022: Fluthelden auf Besaterzkurs
Juni 2022: Flutheld nur noch durch Polizei zu stoppen?
Ich bin nicht tief genug drin, die beiden T-online-Berichte passen aber zu meinem Bauchgefühl, dass ich während meiner Einsätze als Fluthelferin entwickelte. Bereits von Anfang an begegneten mir undifferenzierte und falsche Narrative über die Untätigkeit und Unfähigkeit der offiziellen Strukturen. Dabei wurde oft genug ignoriert, wie die ehrenamtlich tätigen Orts-Bürgermeister*innen und Gemeindeverwaltungen trotz eigener Betroffenheit als Flutopfer, bemerkeneswerte Koordination leisteten.
Ich erinnere mich an einen Einsatz in Dernau, wo ich mit dem Helfer*innen-Shuttle gekommen war. Da ich bereits vorher in Dernau helfen war, erklärte ich den anderen: Oben an der Kirche hat die Gemeinde ein Koordinationszentrum eingerichtet. Da könnt ihr fragen, welches Haus Hilfe braucht. Ein Helfer kam mit mir, um in der Gemeinde zu fragen. Eine Person hatte eine private Verabredung, bei einer Freundin zu helfen. die anderen ignorierten die Koordination der Gemeinde und gingen auf eigene Faust los.
In der ersten Zeit nach der Flut hörte ich immer wieder die Behauptung, das THW sei nicht vor Ort. Dabei habe ich zahlreiche Einsatzwagen des THW gesehen und sagte das auch. Das hieß aber nicht, dass mir mein Gegenüber glaubte. Ebenso wurde über die Unfähigkeit und fehlende Koordination durch die Ortsbürgermeister*innen geschimpft, wobei deren Engegement ignoriert und eine Koordination und Kooperation mit den Gemeindeverwaltungen ausgeschlossen wurde.
Fotos: Sigi Lieb